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M. Assumpta Schenkl OCist.

  • Beitrags-Kategorie:Geschichte
  • Lesedauer:9 min Lesezeit

Ein Leben für Gott (1924 – 2009)

Mutter Äbtissin Assumpta Schenkl verstand sich zutiefst als eine Berufene: Gott hatte sie dazu berufen, sich IHM ganz hinzugeben. Zunächst im Ordensleben allgemein und dann als Äbtissin des Wiederaufbaus des Klosters Helfta.

M. Assumpta an ihrem Schreibtisch in Arbeit vertieft

1954 trat die junge Frau Gertrud Schenkl in die Zisterzienserinnenabtei Seligenthal in Landshut ein, wo sie zuerst Deutsch und Latein für das Lehramt am Gymnasium studierte und anschließend Jahrzehnte lang hauptsächlich in der Schule tätig war, bis sie 1987 zur Äbtissin gewählt wurde.

Es waren nach ihrer eigenen Aussage glückliche und erfüllte Jahre. Sie setzte sich intensiv mit der Spiritualität der Zisterzienser auseinander. Besonders wichtig war ihr die Beschäftigung mit dem heiligen Bernhard von Clairvaux, dem bekanntesten Abt des Zisterzienserordens, und den Mystikerinnen des Mittelalters.

Sie hatte die Gewohnheit, die Gedanken und Impulse, die ihr bei der morgendlichen Betrachtung gekommen waren, in einem geistlichen Tagebuch festzuhalten.
Später fiel auf, dass manche Abschnitte wie Gedichte waren – geistliche Gedichte, die man der Öffentlichkeit nicht vorenthalten dürfe, wie ihr ehemaliger Professor für Germanistik meinte. 
Sie zögerte etwas, dieser Anregung zu folgen, waren die Gedichte zum Teil doch sehr intim und persönlich, aber schließlich erschien 1982 ein erster Band und die Resonanz war so positiv, dass Mutter Assumpta nicht mehr zögerte, weitere Bände folgen zu lassen.

Mein Haus
soll an seiner alten Stelle
wieder aufgebaut werden.
Esra 5,15b

Noch während ihrer Amtszeit als Äbtissin von Seligenthal hatte man sie auf die Klosterruine Helfta bei Eisleben aufmerksam gemacht, da sich nach der Wende mehrere Verbände das Ziel gesetzt hatten, diese Ruine wieder aufzubauen. Mutter Assumpta hatte mit der DDR nie etwas zu tun gehabt, aber jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Namenspatronin an diesem konkreten Ort in Ostdeutschland gelebt hatte.

Als sie dorthin eingeladen wurde und die ruinöse Klosteranlage selber aus nächster Nähe anschauen konnte, fühlte sie sich blitzartig angesprochen: Dieses Kloster sollte wieder zum Leben erwachen und sie war bereit, alles dafür zu tun.

„Ich möchte
mich diesem Ruf nicht entziehen
und im Vertrauen auf Gottes Hilfe
dieses Wagnis eingehen.“

M. Assumpta Schenkl

Kühn entschloss sie sich, mit einer kleinen Gruppe von Schwestern nach ihrer Resignation als Äbtissin von Seligenthal, nach Helfta zu ziehen. Das war im Jahr 1996.

Sie stieß mit ihrem Vorhaben nicht auf ungeteilte Begeisterung, – sollte sie etwa wie eine zweite Sara wagen, was sich
heute Ordensleute in den besten Jahren kaum trauen?

Als alles dagegen zu sprechen schien, suchte sie – wie sonst auch – eine Antwort in der Heiligen Schrift und das Los fiel auf das Buch Esra Kapitel 5 Vers 15b, wo es heißt:
Mein Haus soll an seiner alten Stelle wieder aufgebaut werden.

Deutlicher konnte Gott nicht zu ihr sprechen. Als sie im Juli 1999 ihr Amt als Äbtissin niederlegte und sich von Bayern
verabschiedete, schrieb sie an alle ihre Freunde, dass ihr der Abschied zwar nicht leicht falle,

„aber das Bewusstsein, dass es der Wille Gottes ist, dass ich trotz meines Alters noch diese große und nicht leichte Aufgabe in Angriff nehmen soll, ist so stark, dass ich mich diesem Ruf nicht entziehen möchte und im Vertrauen auf Gottes Hilfe … dieses Wagnis eingehen will.“

M. Assumpta mit zwei Mitschwestern im Matsch der Baustelle Helfta
Die darauf folgenden Jahre in Helfta waren für Mutter Assumpta zweifelsohne die intensivsten und glücklichsten Jahre ihres Lebens, aber zugleich auch die Zeit, die sie am meisten angestrengt und aufgerieben hat, denn sie hat sich in keiner Weise geschont, sondern immer wieder gesagt: Jetzt gehöre ich ganz Helfta.
Schon als Äbtissin von Seligenthal hatte sie gelegentlich Vorträge gehalten, aber verglichen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit als Priorin von Helfta war das noch verschwindend wenig.
romanischer Giebel der Klosterkirche in der Morgensonne

Was hat Mutter Assumpta so an Helfta fasziniert?
Zum einen war es sicher die Zisterzienserkirche, denn in Helfta fand sich ein Stück zisterziensisches „Urgestein“, wenn es auch nur eine Ruine war: Der hohe schlanke Giebel der Klosterkirche mit den drei schmalen Fenstern bezeugte noch die ursprüngliche Zisterzienserarchitektur, der Mutter Assumpta auf Reisen in mittelalterlichen Zisterzienserklöstern öfters begegnet war und die für sie gleichsam der Schlüssel zum Verständnis der Ordensspiritualität geworden war.

Sie erzählte oft von einem Aufenthalt in der Zisterzienserabtei Marienstatt (Westerwald), wo sie in der Früh die Abteikirche, eine „Muster-“ und „Muss-Kirche“ für alle Zisterzienserliebhaber, in einem besonderen Licht gesehen hatte:
„Beim Anblick der sehr schmalen schmucklosen hohen Fassade wurde mir ganz plötzlich und intensiv in großer innerer Helle bewusst, was das Wesensmerkmal unseres Ordens…ist: das nüchterne und zugleich glühende, das kompromisslose Streben nach oben;
das fast ungeduldige Abschütteln alles Unwesentlichen, wie diese strenge Fassade es zeigt, die nur eines im Sinn hat: sich auszustrecken nach dem Morgenstern, nach dem Licht, das Christus ist.“

Dieses romanische Kleinod in Helfta seinem ursprünglichen Zweck wieder zuzuführen, war ihr ein großes Anliegen.

„Das Wesensmerkmal unseres Ordens ist das Nüchterne und zugleich Glühende.
Das Abschütteln alles Unwesentlichen, um sich auszustrecken nach Christus.“

M. Assumpta Schenkl

Ihr wichtigstes Anliegen hing aber zweifelsohne mit den drei Mystikerinnen von dort zusammen.
Die Atmosphäre in Helfta ist noch von Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn und Gertrud der Großen, geprägt.
Man kann den Teich sehen, an dem Gertrud die Große ihre erste Vision hatte oder das eine Kirchenfenster, wodurch Christus in ihren Visionen zu ihr hinzutrat – ein Fenster, das sämtliche Zerstörungsversuche „überlebt“ hat.

Der Ort an sich lädt zur Besinnung ein. Für Mutter Assumpta war Mystik nicht an erster Stelle eine außergewöhnliche, um nicht zu sagen abgehobene, Erfahrung, sondern eine tiefe Gottesbegegnung, die sie so beschreibt:

„Man kann Mystik also schlicht und einfach so definieren:
Umwandelnde Berührung der Seele des Menschen durch Gott, die sich den Sinnen und der Sprache weithin entzieht, aber tiefe, bleibende Wirkungen zurücklässt.“

Von diesen bleibenden Wirkungen betonte sie oft, dass ein Mensch, der diese Erfahrung gemacht hat, nachher ohne Angst und Sorgen lebt, er darf Gott vorbehaltlos vertrauen und sich ihm anvertrauen.
Überhaupt wurde Mutter Assumpta nicht müde, zu betonen, mit welcher Sehnsucht Gott auf jeden Menschen wartet und mit welcher Zuversicht der Mensch sich Gott in die Arme werfen darf.
Sie sagte „Ich bin überzeugt, dass wir Gott viel häufiger und tiefer kränken durch mangelndes Vertrauen als durch Sünden“.

Das war sicher der Kern ihrer Helfta-Mission: Sie sollte ein authentisches Glaubenszeugnis von einem gütigen und liebenden Gott sein, der uns zu jeder Zeit wie einen verlorenen Sohn aufnimmt. Sie wollte für eine solche Begegnung den Rahmen bieten – und das in einer Gegend, die Jahrzehnte lang atheistisch geprägt worden war.
Dafür gab sie ihre letzten Jahre.

assumpta-mit-bauplan

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